Der Plural von Heimat
 
 

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Nichts an der Adresse Taunusstraße 54 lässt von außen vermuten, was einen innen erwartet. Die Tür ist schlicht, wer über den Hof kommt findet neben der Treppe immerhin bunte Holzstühle und fantasievolle Kreaturen, die sich über den Boden schlängeln. Noch viel schöner aber wird es, wenn man erstmal das Keramikatelier von Jale Somer betritt: die Wände sind in mint und koralle gestrichen, in den Regalen reihen sich helle Schrühwaren (Keramik-Rohlinge) aneinander, da stehen Schalen neben Seesternen, Hunden und Einhornköpfen. Bunt glasierte und gebrannte Stücke warten gegenüber auf ihre Abholung. Entstanden sind die Arbeiten während Workshops, Kindergeburtstagen und Kursen, die hier regelmäßig stattfinden.

Eröffnet hat Jale ihr Atelier 2020 vor allem um einen Ort für Ihre eigene Kunst zu haben, studiert sie doch seit 2016 Kunst an der HFG bei Heiner Blum .

Den Ton als Arbeitsmaterial entdeckte sie während ihrer Zeit in der Türkei. 1989 in einer Kleinstadt nahe Kassel als Tochter einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters geboren, hat sie die Frage nach der Bedeutung von Heimat schon immer beschäftigt. Nach dem Abitur geht sie auf den Spuren ihrer Herkunft in die Türkei, aus dem geplanten Jahr werden acht Jahre voller Abenteuer: sie studiert Marketing, eröffnet einen Friseursalon, ein Studio für Gelnägel und Permanent-Make-Up und zieht schließlich zum Leben und Arbeiten auf eine ökologische Farm. Dort richtet sie sich ihre erste Werkstatt ein und fertigt Kunst und Werkstücke wie Lampen aus diversen, ganz verschiedenen Materialien wie Bauschaum, Metall, Holz oder Wolle. Parallel  arbeitet sie bei einer befreundeten Töpferin und lernt dort viel über Ton. Das Material begeistert sie durch die Flexibilität, die Weichheit, den Geruch und die Freiheit, die es erlaubt.

In Offenbach landet Jale nach ihrer Rückkehr nach Deutschland aus Zufall: gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn kann sie hier bei einer Freundin in der WG unterkommen. Und verliebt sich in die Stadt und die Menschen. In die vielen Kulturen, die hier gemeinsam leben. In die Eltern, die auf dem Spielplatz nicht nur ihre eigenen Kinder im Auge haben und selbstverständlich Essen und Süßigkeiten teilen. Und in die Möglichkeiten, die sich hier bieten. Hier ist sie happy und angekommen. Und findet eine Lösung ihres Heimatkonflikts. Denn Offenbach ist für sie original und vor allem: Der Plural von Heimat. 

Offenbach ist für mich der Plural von Heimat
— Jale Somer

 Dieses Gefühl, das Jeder willkommen ist, will sie auch in ihrer Werkstatt und in ihren Kursen zurückgeben: es geht ums Machen, Improvisieren und vor allem Experimentieren.  Dazu sind alle eingeladen, unabhängig von Alter, Herkunft oder Sprache. Jales Atelier ist Begegnungsstätte über soziale und gesellschaftliche Grenzen hinaus, ist Labor für Experimente und Miteinander, ein Raum zum Austausch und Kennenlernen.

 Wer es einfach ausprobieren will, kommt zur offenen Keramikwerkstatt, die jeden Donnerstag von 14-21 Uhr stattfindet (Kinder 5 €, Erwachsene 7 € zzgl. Material).

Wer mehr will, besucht einen Kurs oder veranstaltet einen Kindergeburtstag hier. Besondere Highlights sind die Yoga & Keramik-Sonntage sowie das Ladies-Tonen mit Wein und Musik – einfach auf ihrem Instagram-Account checken.

Jales Lieblingsplatz in Offenbach ist – neben ihrem Atelier – der Rathausplatz. Ein Fleckchen Sonne findet sie hier eigentlich immer, genauso wie Menschen, mit denen sie ins Gespräch kommt. Für ihre Herzensstadt wünscht sie sich eine noch stärke Vermischung von Menschen aller Kulturen, Bildungswege und Einkommen.

 
 
 
 

Keramikatelier Jale Somer
Adresse: Taunusstraße 54
Webseite: www.keramikatelier-jale.com/
Instagram: @keramikatelier.offenbach